Schwerpunkt
Naturheilpraxis 07/2018

Wie viel Schönheit kann man essen?

Tabletten, Kapseln, Trinklösungen: Der Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln, die sichtbares Altern hinauszögern sollen, boomt. Das, was Unternehmern hohe Gewinne beschert, ist für Verbraucher oft überflüssig – und manchmal fatal.

Ein Beitrag von Martina Schneider
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„Von einem bestimmten Alter an ist jeder Mensch für sein Gesicht verantwortlich“, konstatiert der französische Schriftsteller Albert Camus. Ob „Beauty Food“ diese Verantwortung leichter machen kann? Vitamine, Mineralstoffpräparate, Nahrungsergänzungsmittel (NEM): Pillen schlucken für die ewige Schönheit – mehr und mehr Deutsche tun es. Dr. Hildtraud Knopf, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Robert-Koch-Institut in Berlin, hat in einer Studie nachgeforscht. Ihr aktuelles Ergebnis: „Jeder vierte Deutsche nimmt häufig in Selbstmedikation solche Tabletten, Kapseln und Trinklösungen ein“ – Tendenz: deutlich steigend. Frauen, Senioren, Personen mit einem höheren Sozialstatus, Alleinlebende, ehemalige Raucher oder Nichtraucher sowie sportlich Aktive verschreiben sich selbst häufiger NEM als andere Personengruppen.

Riesiger Markt

„Es ist ein attraktiver und milliardenschwerer Markt“, attestiert Maria Kristina Parr, Professorin für Pharmazeutische Chemie an der Universität Berlin. „Immer mehr Menschen greifen aus gesundheitlichen oder ästhetischen Gründen zu NEM, zunehmend auch Sportler.“ Im Breitensport, schätzt sie, nehmen 50 bis 85 Prozent und im Leistungssport 35 bis 100 Prozent der Befragten NEM ein. (1)
Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Schönheit auch? NEM, die aus gesundheitlichen Gründen angewendet werden, sind Präparate gegen klimakterische Beschwerden, oben auf der Liste stehen Jamswurzel-, Traubensilberkerzen- und Rhabarber-Extrakte, Mönchspfeffer und Spinat-Extrakte. „Beliebt sind auch ‚Nutricosmetics‘, mit denen Haut und Haare jung bleiben und erscheinen sollen“, schreibt die Biologie-Professorin Ulrike Heinrich, Leiterin des Instituts für Experimentelle Dermatologie an der nordrhein-westfälischen Universität Witten/Herdecke. (2)
Für die Substanzklasse der Carotinoide, erklärt Heinrich, habe sich gezeigt, dass diese in lipophilen Systemen als Antioxidantien wirksam sind. Längst sei mehrfach nachgewiesen, dass Carotinoide nicht nur Algen und Pflanzen vor intensiver Sonneneinstrahlung schützen, sondern auch den Menschen. Um die Gesundheit von Haut und Haar zu erhalten, werden vermehrt „Nutricosmetics“ angeboten. „Hier stellt sich die Frage, ob unsere Ernährung tatsächlich alle notwendigen Mikronährstoffe enthält“ – angesichts vieler ausgelaugter und/oder überdüngter Böden, die das, was auf ihnen wächst, nicht mehr ausreichend nähren können. Viele Studien sind zu einem Ergebnis gekommen: „Beauty Food“ kann einzelne Hautparameter wie Oberflächenstruktur, Hautdichte und -elastizität verbessern. Zudem, führt Heinrich aus, würden Hydratation und Barrierefunktion der Haut positiv beeinflusst.