Schwerpunkt
Naturheilpraxis 11/2022

Nasennebenhöhlenentzündungen

Patienten mit Entzündung der Nasennebenhöhlen finden häufig den Weg in die Naturheilpraxis. Besonders die Behandlung der chronischen Sinusitis stellt uns aber in vielen Fällen vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Doch mit einem ganzheitlichen Behandlungsansatz lassen sich auch diese "harten Nüsse" knacken.

Ein Beitrag von Fabian Müller
Lesezeit: ca. 7 Minuten
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Viele Wege führen nach Rom, so sagt es das Sprichwort. Auch bei der Behandlung der akuten Sinusitis gibt es nicht nur den einen richtigen Weg. Ich möchte aber meinen Weg vorstellen, der sich für mich bewährt hat: Ich kombiniere meist eine phytotherapeutische Komponente mit einem feinstofflichen Behandlungsanteil.

Akute Sinusitis

Phytotherapeutisch verordne ich bei akuter Sinusitis Sinupret forte (Fa. Bionorica) zusammen mit Angocin (Fa. Repha). Sinupret wirkt hervorragend sekretolytisch und abschwellend. Ich dosiere das Sinupret forte 3× 2 Dragees bis zur Besserung, dann mit 3× 1 weiter. Angocin ist eine Kombination von Kapuzinerkresse und Meerrettich. Es wirkt in den Atemwegen (und auch in den ableitenden Harnorganen) antibakteriell, antiviral und antiphlogistisch. Es bekämpft auch den von den Bakterien gebildeten Biofilm. Ich verordne 5× 5 Dragees bis zur Besserung, dann mit 4× 3 weiter.

Mein „feinstofflicher“ Therapieansatz besteht aus einem anthroposophischen und isopathischen Mittel. Bei wässrigem oder weißlichem Sekret verordne ich Agrophyron (Fa. Wala) 3× 10 Globuli zusammen mit Quentakehl Kapseln (Fa. Sanum) 1× 1. Bei gelblich bis grünlichem Sekret verordne ich Myristica sebifera comp. (Fa. Wala) 3× 10 Globuli zusammen mit Notakehl Kapseln (Fa. Sanum) 1× 1.

Chronische Sinusitis

Bei der chronischen oder rezidivierenden Sinusitis setze ich die gleichen Phytotherapeutika ein: Sinupret forte 3× 1 und Angocin 3× 3. Um diesen chronischen Zustand zu einer dauerhaften Heilung zu bringen, müssen wir einen ganzheitlichen Ansatz wählen: Aus Sicht der traditionellen europäischen Naturheilkunde (TEN) liegt hier meist eine Skrofulose zugrunde, die behandelt werden sollte. Weiterhin sollten Fokalherde, welche die Nebenhöhlen triggern, identifiziert und behandelt werden. Auch der Bezug zu anderen Organen stellt eine wichtige Überlegung dar. Die pathogenetischen Grundmuster und Kausalketten nach Schimmel haben sich in meiner Praxis gut bewährt. Der 2003 verstorbene Zahnarzt und Arzt Dr. Dr. Helmut Schimmel stellte fest, dass die Nasennebenhöhlen in einer Wechselwirkung zu folgenden Organen stehen: Adnexe/Prostata, Leber und Darm.

Skrofulose

Unser erstes Augenmerk bei der chronischen Sinusitis sollte also bei der Skrofulose liegen. Hier besteht eine konstitutionelle Situation, bei der es zu einer Vermehrung des feucht-kalten Phlegmas kommt, welches mit Schärfen belastet ist. Die Schärfen werden in der modernen Naturheilkunde meist als Schlacken bezeichnet. Die Humoralpathologie unterscheidet hierbei noch in cholerische, hitzige Schärfen und melancholische, kalte Schärfen. Zu den typisch skrofulösen Krankheiten gehören auch alle katarrhalischen Schleimhauterkrankungen, vor allem, wenn sie eine mangelnde Selbstheilungstendenz aufweisen. Die Behandlungsstrategie besteht aus der Reduktion von skrofulosefördernden Faktoren, Ernährungsanpassung, Optimierung der ersten Coctio und einer Lymphtherapie. Ein bewährtes Therapieverfahren zur Behandlung der Skrofulose ist die Eigenbluttherapie. Diese steht uns als Heilpraktiker jedoch nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von Eigenblut D4.

Die Reduktion von skrofulosefördernden Faktoren wird häufig vernachlässigt. Ein Mangel an kreativer Beschäftigung oder Bewegung, unterdrückende Therapie, Impfungen sowie negative Umweltfaktoren und Reizüberflutung sollten ordnungstherapeutisch angegangen werden. Eine Ernährungsanpassung, bei der Kuhmilchprodukte, Schweinefleisch (und Produkte daraus), minderwertige Fette und Öle, Konservierungs- und andere Zusatzstoffe vermieden werden, sollten wir dem Patienten empfehlen. Zucker, Süßigkeiten, zuckerhaltige Getränke und Weißmehlprodukte sollte der Patient idealerweise reduzieren.

Medikamentös lassen sich die Coctio und das Lymphsystem positiv beeinflussen. Zur Optimierung der ersten Coctio werden hauptsächlich Bitterstoffe eingesetzt. Beispielsweise mit Unexym vital (Fa. Repha) können wir durch die enthaltenen Bitterstoffe die Verdauungsleistung unterstützen. Gleichzeitig unterstützt Unexym vital durch die enthaltenen Mikronährstoffe auch das Immunsystem und die Schleimhautregeneration. Das Präparat enthält neben den Mikronährstoffen Vitamin B1, Vitamin B2, Vitamin B6, Vitamin B12, Vitamin C, Folsäure, Niacin, Zink und Eisen auch noch Meerrettichwurzelpulver, Zimtrindenpulver, Enzianwurzelpulver, Schafgarbenkrautpulver, Löwenzahnkrautpulver, Ingwerwurzelstockpulver und Kümmelfrüchtepulver. Es werden 3× täglich 2 Dragees 15 Minuten vor dem Essen verordnet. Beim Vorliegen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz hat sich in meiner Praxis Nortase (Fa. Repha) bewährt. Es handelt sich dabei um Rizoenzyme. Diese haben einen deutlich breiteren pH-Wirkbereich (pH 3-9) als tierische Pankreasenzyme. Bei einer leichten exokrinen Pankreasinsuffizienz wird Nortase mit einer Dosierung von 1–3 Kapseln pro Mahlzeit verordnet. Bei einer schweren EPI werden ab 3 Kapseln pro Hauptmahlzeit verordnet. Bei einem kleinen, fettarmen Snack oder milchhaltigen Getränken reicht hier häufig auch schon 1 Kapsel.

Für die Lymphtherapie können entweder einzelne Pflanzen eingesetzt werden, die individuell passenden Pflanzen in einer Rezeptur kombiniert werden oder ein fertiges Komplexmittel verordnet werden. Typische Lymphpflanzen, die sich bei einer chronischen Sinusitis bewährt haben, sind Braunwurz (Scrophularia nodosa), Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis), stinkender Storchenschnabel (Geranium robertianum) und Augentrost (Euphrasia). Als Lymph-Komplexmittel setze ich in der Praxis häufig Itires (Fa. Pekana), Lymphomyosot (Fa. Heel), Solunat Nr. 12 (Fa. Soluna) oder Lymphdiaral Basistropfen (Fa. Hevert) ein.

Fokalherde und Nasennebenhöhlen

Von einem Fokalherd spricht man bei chronischen Entzündungen mit lokaler Azidose durch vom übrigen Organismus abgekapselte Mikroorganismen oder nicht abbaufähiges Material. Eine chronische Sinusitis stellt häufig selbst einen Fokalherd dar, der andere Organe negativ beeinträchtigt. Die häufigsten Orte, an denen Herde entstehen, die das Entzündungsgeschehen in den Nebenhöhlen triggern, sind die Zähne und Tonsillen. Aber auch in Narben, Eierstöcken und Prostata treten häufig Herde auf, die auf die Nebenhöhlen einwirken. Diese Fokalherde üben einen Dauerreiz auf die Grundsubstanz nach Pischinger aus, die zur Schwächung des Immunsystems, vegetativen Belastung und hormonellen Fehlsteuerungen führen. Dabei treten keine oder nur geringen Symptome, wie Schmerz oder sichtbare Entzündungszeichen, an den lokalen Orten auf.

Zeigt ein Herd eine Fernwirkung, so spricht man vom Störfeld. Die erfassbare Wirkung liegt weit entfernt vom eigentlichen Fokus. Es gibt unterschiedliche Theorien, wie es zu dieser Fernwirkung kommt. Diskutiert werden die hämatogene oder lymphogene Streuung von Endo- und Exotoxinen, die Weiterleitung über die Nervenbahnen, eine Veränderung des elektromagnetischen Feldes im menschlichen Körper oder Ladungsverschiebung der im Pischingerraum miteinander verbundenen Proteo-Glykane und Struktur-Glykoproteine.

Eine Möglichkeit, den Ort der Beherdung zu lokalisieren, bietet der Spenglersan Kolloid Herdtest. Bei Schwangeren und Patienten mit Herzerkrankungen besteht für diesen Test eine Kontraindikation. Der Patient reibt morgens 20 Hübe des Spenglersan Kolloids D in kleinen Portionen zu 3–5 Hüben in die Ellenbeuge ein und beobachtet in den nächsten Stunden die auftretenden Reaktionen. Es können im Bereich des beherdeten Organs beispielsweise ein leichter ziehender Schmerz oder ein kurzes Klopfen auftreten. Wenn keine Reaktion auftritt, so wiederholt der Patient nach mindestens zwei Tagen den Test mit 40 Hüben. Sollte wieder keine Reaktion auftreten, so kann der Test erneut nach mindestens zwei Tagen mit 60 Hüben wiederholt werden. Wenn auch hier keine Reaktion stattfindet, wird der gleiche Ablauf mit Spenglersan Kolloid Dx durchgeführt.

Die Behandlung eines Herdes steht auf drei Säulen: Anregung des Immunsystems – Aktivierung des Pischingerraums – lokale Neuraltherapie oder chirurgische Intervention. Die Behandlung eines Fokalherdes und der Skrofulose geht häufig Hand in Hand.

Leber und Nasennebenhöhlen

Wie wir in der Kausalkette nach Schimmel schon gesehen haben, hängen Leber und Nasennebenhöhlen wechselseitig zusammen. So hat es sich bei einer chronischen Sinusitis bewährt, auch ein Lebermittel einzusetzen. Das klassische Leberparenchymmittel ist die Mariendistel. In Bilisan duo (Fa. Repha) wird sie mit Gelbwurz kombiniert. Da Gelbwurz sowohl eine entgiftende wie auch antiphlogistische Wirkung hat, ist es für mich hier das Mittel der Wahl zur Therapie über die Leber.

Darm und Nasennebenhöhlen

Der Darm steht zum einen mit der Leber, zum anderen aber auch mit allen anderen Schleimhäuten in Beziehung. So ist eine Darmsanierung ein wichtiger Meilenstein in der Behandlung von chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen. Die klassische Darmsanierung umfasst vier Säulen: Anregung der ersten Coctio, Reduktion der ungünstigen Keime, Zuführen von Pro- und Präbiotika, sowie Unterstützung der Regeneration der Darmwand. Wenn Bauchbeschwerden bestehen, wie Blähbauch, Bauchschmerzen oder Stuhlveränderungen, so sollte erstmals eine diagnostische Abklärung erfolgen. Als Erstes sollte mit einem Lactulose-Atemtest ein SIBO-Syndrom ausgeschlossen werden. Anschließend sollten in einer Stuhluntersuchung die Mikrobiota, Verdauungsrückstände, Pankreas-Elastase, Calprotectin, Alpha-1-Antitrypsin und sIgA bestimmt werden. Auch wenn keine Pilzbesiedelung im Stuhl festgestellt werden konnte, so sollte man im Anschluss noch eine Urinuntersuchung auf D-Arabinitol veranlassen. Wenn hier Werte über 29 mg/g Kreatinin gemessen werden, so sehe ich die Candidabesiedlung als behandlungsbedürftig an.

Beim Abschnitt „Skorfulose“ haben wir uns ja schon ausführlich mit der Förderung der ersten Coctio beschäftigt. Dies ist natürlich auch für eine Darmsanierung notwendig. Zur Reduktion von ungünstigen Keimen setze ich als erstes Mittel Myrrhinil-Intest (Fa. Repha) ein. Es reduziert pathogene Bakterien und Pilze und hat gleichzeitig einen regenerativen Effekt auf die Darmwand. Je nach Mikrobiotabefund können dann noch zusätzlich spezifische Mittel gegen bestimmte Keime eingesetzt werden. Als Präbiotikum hat sich eine Kombination von Akazienfasern, Pektinen und resistenter Stärke, beispielsweise in Colon Balance (Fa. Biogena), bewährt. Als spezifische Probiotika setze ich gerne die Kombination von Symbioflor 1 (Fa. Symbiopharm) und Probiolact Formuala S (Fa. Inus) ein. Wenn diese beiden Probiotika in Kamillentee gegeben werden, so kann damit der Patient auch eine Nasenspülung durchführen. Parallel zu den Probiotika setze ich auch noch ein E.-coli-Lysat mit ein, um das Schleimhautimmunsystem zu unterstützen. In meiner Praxis hat sich Rephalysin C (Fa. Repha) bewährt. Es enthält zusätzlich das immunstärkende Spurenelement Selen.

Bei der Darmsanierung sollte die Regeneration der Darmwand nicht vergessen werden. Dafür eignet sich eine Kombination von pflanzlichen Mitteln mit B-Vitaminen und Zink zur Stabilisierung der Tight-Junktions der Epithelzellen. Das pflanzliche Basismittel hierfür ist Myrrhinil-Intest (Fa. Repha), eine Kombination von Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle. Es wird 3× 3–4 Drg dosiert.

Behandlung der chronischen Sinusitis

Wie sieht nun mein idealer Therapieplan zur Behandlung der chronischen Sinusitis konkret aus?

  • Ordnungstherapie zur Reduktion skrofulosefördernder Faktoren
  • Skrofulose-Diät
  • ggf. chirurgische/zahnärztliche Herdbeseitigung
  • Sinupret forte 3× 1 zur sekretolytischen Lokalbehandlung
  • Angocin 3× 3 zur antibakteriellen und antiviralen Lokalbehandlung
  • Unexym vital 3× 2 vor der Mahlzeit zur Unterstützung der ersten Coctio, des Immunsystems und der Schleimhautregeneration

Lymphtherapie

  • Bilisan duo 3× 2 zur Lebertherapie
  • Myrrhinil-Intest 3× 3–4 zur Regeneration der Darmwand und Beseitigung pathogener Keime
  • je nach Mikrobiota- und Arabinitolbefund: Phytobiotika, Nystatin, Bierhefe
  • Colon Balance 1× 1 Messlöffel als Präbiotikum
  • Symbioflor 1, 3× 20, Probiolact Formular S, 1× 1 Messlöffel und Rephalysin C zur mikrobiellen Therapie
  • Einmal täglich Nasenspülung mit Symbioflor 1, 20 Tropfen, und Probiolact Formula S, 1 Messlöffel in Kamillentee
  • einmal wöchentlich Eigenblut D4 im, Sinusitis Nosode Injeel im, neuraltherpeutische Quaddelungen

Die Behandlung der chronischen Sinusitis ist recht umfangreich, führt aber bei der nötigen Compliance des Patienten meist zum Erfolg.

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