Schwerpunkt
Naturheilpraxis 07/2021

Mikro- und Makronährstoffe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

KHK – Hypertonie – Herzrhythmusstörungen – Herzinsuffizienz

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in etwa für die Hälfte aller Todesfälle verantwortlich. Ein guter Grund, um sich mit diesem Krankheitskomplex aus Sicht der Prävention, Frühdiagnostik und Therapie auseinanderzusetzen, denn in einer Naturheilpraxis werden sich garantiert Patienten mit kardiovaskulären Leiden vorstellen, die noch ein paar Jahre bei so guter Gesundheit wie nur irgend möglich leben wollen.

Ein Beitrag von Thomas M. Thust
Lesezeit: ca. 7 Minuten

Am Anfang steht wie immer die Diagnose. Anamnese, Blutdruckmessung, Auskultation von Lunge und Herz sowie Pulsoxymetrie und falls vorhanden ein 12- oder 22-Kanal-EKG. Und natürlich noch eine Basislaboruntersuchung mit Blutbild, Lipiden, Leberwerten, Kreatinin, Muskel-/Herzenzymen sowie Elektrolyten. Ergänzt wird die Analyse durch:

  • Entzündungsparameter: CRP quantitativ/hochsensitiv, Interleukin-6/-1β
  • Durchblutungs- und Gefäßregulationsparameter: ADMA, ABI-Messung mit dem Boso-System
  • Gefäßrisikowerte (Thrombose und Embolie): Lipoprotein (a), LP-PLA2, Homozystein, Fibrinogen, D-Dimere
  • Herzinsuffizienz-Indikatoren: NT-pro BNP, Harnstoff, Coenzym Q10, L-Carnitin, bioaktive B-Vitamine

Blutdruckmessung

Die Blutdruckmessung sollte an beiden Armen erfolgen. Der Unterschied re/li sollte dabei 20 mmHg nicht übersteigen. Eine höhere Differenz kann auf ein Aortenaneurysma hinweisen. Als Grenzwerthypertonie wird ein systolischer Blutdruck zwischen 140 und 159 mmHg und/oder ein diastolischer Blutdruck zwischen 90 und 94 mmHg bezeichnet. Eine Hypertonie liegt vor, wenn die systolischen Blutdruckwerte über systolisch 160 mmHg und/oder diastolisch über 95 mmHg liegen.

Mit der ABI-Messung und Bestimmung der Pulswellengeschwindigkeit können periphere arterielle Durchblutungsstörungen frühzeitig erkannt werden (ABI-Index-Bestimmung). Zusätzlich kann die Pulswellengeschwindigkeit bestimmt werden. Dies steigt bei atherosklerotischen Gefäßveränderungen signifikant an. Ebenso sind eine Verlaufs- und Effizienzkontrolle der eingesetzten Therapeutika (z. B. Infusionen mit Arginin) möglich. Die Messung ist einfach. Es werden lediglich 4 Blutdruckmanschetten angelegt und den Rest übernimmt das Gerät.

Abb. 1: Musterbefund ABI-Messung Thomas Thust Akademie, München

Bei einer höhergradigen Abweichung vom Labornormalwert oder pathologischen Auffälligkeiten bei Untersuchungsbefunden sollte umgehend eine weitere internistisch-kardiologische Abklärung erfolgen. Kritische Befunde mit entsprechender Symptomatik erfordern natürlich sofort den Notarzt wie z. B. bei Hinweisen auf Herzinfarkt, Arrhythmien oder peripherem Gefäßverschluss einer Arterie. Jenseits dieser Akut- und Notfallsituationen bleibt für die ambulante naturheilkundliche Behandlung aber ein großer Tätigkeitsbereich. Einen wesentlichen Beitrag für die Herz- und Gefäßgesundheit leistet die optimale Versorgung mit Mikro- und Makronährstoffen.

Ziele der orthomolekularen Medizin sind

  • eine ausreichende Pumpfunktion des Herzens und ein gesunder Herzrhythmus. Die dabei beteiligten Nährstoffe sind Coenzym Q10, L-Carnitin, Elektrolyte (Kalzium, Kalium, Magnesium) sowie Omega-3-Fettsäuren und B-Vitamine (insbesondere Vitamin B1, B2 und B6);
  • ein normgerechter Blutdruck, der unter anderem von einer guten Kalium- und Magnesiumversorgung abhängig ist. Omega-3-Fettsäuren sowie die Aminosäuren L-Arginin und Citrullin spielen eine wichtige Rolle bei der Gefäßentspannung, welche einen blutdrucksenkenden Effekt hat;
  • eine Senkung bzw. Normalisierung einer chronischen manifesten oder silenten Entzündungsreaktion. Hier sind hochdosierte Omega-3-Fettsäuren (Fisch- und Krillöl), antioxidative Vitamine, OPC, Polyphenole, Resveratrol, Boswellinsäuren (Weihrauch) und Kurkuma-Extrakte von Bedeutung. Sollte die silente Inflammation ihre Ursache im Darm haben (Mikrobiomstörung, LPS-reiche Bakterien) reduzieren Prä- und Probiotika sowie L-Glutamin und S-Adenosylmethionin (aktives Methionin) das lokale und systemische Entzündungspotenzial;
  • eine Optimierung des Stoffwechsels und des Lipidprofils und damit die Förderung der Gefäßgesundheit. Chrom und Zink sind wichtig für die Unterstützung der endokrinen Bauchspeicheldrüsenfunktion und damit für die Verbesserung der Insulinfreisetzung. Arginin und Omega-3-Fettsäuren helfen, erhöhte Triglycerid- und Cholesterinspiegel zu senken. Vitamin C, Lysin und N-Acetylcystein (NAC) senken erhöhtes Lipoprotein (a) ab. Quercetin ist in der Lage, die Harnsäure zu senken („naturheilkundliches Allopurinol“). Vitamin B12, B2, B6 sowie Folsäure entschärfen erhöhte Homocysteinpegel.

Im Bereich der Prävention werden meist nur leichtere Abweichungen von Laborwerten gemessen und mit einigen Änderungen des Lebensstils und gezielter Einnahme von orthomolekularen Wirkstoffen über einige Monate kommt es zur Korrektur des Stoffwechsels und zur Normalisierung von silenten Entzündungsreaktionen. Bei manifesten Erkrankungen und ausgeprägten Mangelzuständen bietet sich eine parenterale Substitution mittels Infusion an. Gerade bei Defiziten an Vitamin B und Elektrolyten, insbesondere an Magnesium und Kalium, sollte die Therapie anfangs hochdosiert per Infusion erfolgen. Nur so kann ein massiver Mangel schnell ausgeglichen werden. Die Erhaltungstherapie erfolgt über geeignete Nahrungsergänzungsmittel, welche aber meist deutlich höher dosiert werden sollten, als auf der Packung angegeben. Die Aminosäuren L-Arginin und Citrullin sind besonders wichtig für die Versorgung mit Stickstoffmonoxid (NO). Dies benötigt das Gefäßendothel bzw. die Blutgefäßmuskulatur zur Entspannung (Gefäßrelaxation). Ist die Spannung aus den Gefäßen, sinkt also der periphere Gefäßwiderstand, wird auch der Blutdruck sinken. Arginin wirkt darüber hinaus wie Acetylsalicylsäure gegen eine zu große Thrombozytenaggregation.

Erhöhter Blutzucker aufgrund von Insulinresistenz stellt eine Gefahr für die Blutgefäße dar. Chrom zusammen mit Antioxidantien und Arginin verbessern den Zuckerstoffwechsel. Erhöhte Harnsäure aktiviert Makrophagen und führt in Folge zum Anstieg von Entzündungszytokinen wie TNF-alpha, Interleukin-6 und Interleukin-1β. Quercetin senkt die Harnsäurewerte auf natürliche Weise und wirkt so allgemein antientzündlich. L-Acetyl-Carnitin optimiert den Fettstoffwechsel, stärkt die Herzkraft und wirkt ausgesprochen nephroprotektiv. Das Supertalent Coenzym Q10 unterstützt den Energiestoffwechsel, und damit die Pumpleistung des Herzmuskels, zusammen mit den ebenfalls erforderlichen B-Vitaminen (immer im Komplex geben) sowie alpha-Liponsäure, ohne die die ATP-Synthese nicht ausreichend abläuft. Die Gabe von Nährstoffen sollte immer mit mehr Bewegung – Kombination von Ausdauersport zusammen mit Kraftsport – und einer nachhaltigen Ernährungsumstellung – weniger Alkohol und Süßes – begleitet werden.

Sauerstoff direkt in die Vene

Die Oxyvenierung eignet sich hervorragend zur Verbesserung der Mikrozirkulation. Damit verbunden ist eine Steigerung der Versorgung mit Mikronährstoffen im Gewebe und in den Zellen. Bei der Oxyvenierung wird eine kleine Menge medizinischer Sauerstoff direkt in die Vene eingeleitet. Die Sauerstoffmenge wird gemäß Herstellervorgaben des Gerätes (Fa. Oxyven) schrittweise gesteigert. Das eingeleitete Gas erweitert unter anderem die Arteriolen und entfaltet eine antientzündliche Wirkung, welche der atherosklerotischen Pathophysiologie entgegenwirkt. Die Gefäßerweiterung wirkt blutdrucksenkend und verbessert die Durchblutung u. a. in den Koronargefäßen, Nieren, Leber, Gehirn sowie in den Extremitäten. Eine Volumenbelastung durch die venöse Sauerstofftherapie ist nicht gegeben, daher ist die Behandlung auch bei Herzinsuffizienz möglich. Selbst bei Tinnitus aufgrund von Mikrozirkulationsstörungen werden positive Wirkungen beobachtet.

Abb. 2: Oxyvenierungs-Sitzung Thomas Thust Akademie, München

Therapiekonzepte

Nachfolgend werden einige erprobte Therapiekonzepte zu verschiedenen Indikationen als Ergänzung zu ggf. notwendiger klassischer Pharmakotherapie, gefäßchirurgischen oder kardiologischen Interventionen dargestellt.

Therapiekonzept bei koronarer Herzkrankheit (KHK), Hypertonie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) und Tinnitus:

  1. Oxyvenierung mit ansteigender i.v.-Sauerstoffapplikation;
  2. Infusion von Vasoaktiv (Viktoria Apotheke, Saarbrücken, s. Tab. 1): 1 Ampulle in 500 ml Ringerlösung über mind. 45 Minuten, 2-mal wöchentlich; Kontraindikationen: Nieren- und Herzinsuffizienz, hohes Alter, Hyperkaliämie, Unverträglichkeit/Allergie von Infusionskonzentrat-Bestandteilen, Hypotonie, Hypoglykämie, Einnahme von PDE5-Inhibitoren und Nitraten;
  3. orale Nahrungsergänzung: z. B. Cor&Metabol, 2 × 4 Kapseln (Fa. Thustmed); Omega-3-Fettsäuren (z. B. Omega-3-intense, 3 × 1 Kapsel, Fa. Thustmed). Falls Patienten Probleme mit dem Schlucken von Omega-3-Kapseln haben, kann auch auf flüssige Produkte z. B. von Norsan oder Pure ausgewichen werden.

Wirkstoffe

Dosierung

Wirkung

L-Arginin

7,25 g

NO-Präkursor → Vasodilatation → RR↓;
Thrombozyten-Aggregationshemmer

L-Lysin
und L-Prolin

2,5 g
2,0 g

Lipoprotein (a) ↓;
Bildung von „weichen“ Bindegewebsfasern

Magnesiumcitrat

882,3 mg

gefäßdilatierend, Fließfähigkeit des Blutes ↑; Faktor für die ATP-Synthese (KHK-Patienten)

Dexpanthenol (Vitamin B5) und Nicotinamid (Vitamin B3)

187,2 mg
99,2 mg

Energiestoffwechsel: ATP-Synthese ↑; Balancierung des Lipidprofils: Cholesterin ↓

Kaliumhydrogenphosphat

81,65 mg

RR↓; WHO-Studie: Schutzeffekt vor Schlaganfall

Thiamin-HCl (Vitamin B1)

56,1 mg

Optimierung des Kohlenhydratstoffwechsels; wichtig für kardiale Erregungsbildung und -leitung

Pyridoxin-HCl (Vitamin B6)

12,15 mg

Vitamin des Aminosäurestoffwechsels; Homozystein ↓

Riboflavin-5-Phosphat (Vitamin B2)

11,1 mg

Faktor für Elektronentransfer (Atmungskette): Energie ↑

Folsäure (5MTHF)

5 mg

aktive Folsäure zur Homozystein-Entgiftung

Methylcobalamin

1 mg

aktives Vitamin B12 zur Homozystein-Entgiftung

Therapiekonzeptbei Herzinsuffizienz:

  1. Oxyvenierung mit ansteigender i.v.-Sauerstoffapplikation;
  2. orale Nahrungsergänzung: z. B. Energy Booster (Fa. Thustmed), L-Acetyl-Carnitin (2 000 mg) zur Verbesserung der Herzkraft. Als Ergänzung zum Vitamin-B-Komplex unterstützt alpha-Liponsäure am besten in der R-Form den mitochondrialen Stoffwechsel und erhöht die ATP-Ausbeute;
  3. Bei akuter Herzschwäche sollte Q10 in Form von Ubiquinol, dem aktiven Q10-Coenzym, zugeführt werden. Ein Spray mit sublingualer Applikation unterstützt die Pumpleistung des Herzmuskels schneller als Kapselpräparate und die Resorptionsrate über die Mundschleimhaut ist höher.

Bei Herzinsuffizienz darf keine größere Volumenbelastung durch Infusionen erfolgen, da sonst eine bestehende Herzinsuffizienz dekompensiert. Im schlimmsten Fall führt eine Infusion zum Lungenödem.

TherapiekonzeptHerzrhythmusstörung:

  1. Oxyvenierung: Diese Behandlung verbessert selbstverständlich auch die Mikrozirkulation im Sinusknoten, welcher bekanntermaßen der Chef-Taktgeber der Herzrhythmik ist;
  2. orale Nahrungsergänzung: Energy Booster 2 × 4 Kapseln (Fa. Thustmed), L-Acetyl-Carnitin (1 000 mg) und Omega-3-Fettsäuren (z. B. Omega-3-intense, 3 × 1 Kapsel, Fa. Thustmed). Falls Patienten Probleme mit dem Schlucken von Omega-3-Kapseln haben, kann auch auf flüssige Produkte z. B. von Norsan oder Pure ausgewichen werden.

Therapiekonzept bei metabolischem/inflammatorischem Syndrom:

  1. 1 Ampulle Vasoaktiv in 500 ml Ringerlösung über mind. 45 Minuten. Kontraindikationen: Nieren- und Herzinsuffizienz, hohes Alter, Hyperkaliämie, Unverträglichkeit/Allergie von Infusionskonzentrat-Bestandteilen, Hypotonie, Hypoglykämie, Einnahme von Nitraten oder PDE5-Inhibitoren;
  2. orale Gabe von hochdosierten Antioxidantien (z. B. Inflaprotect, 2 × 3 Kapseln täglich, Thustmed oder Inflastop von NutriBalance) und auch hier Omega-3-Fettsäuren, welche antientzündlich wirken und die Blutfließfähigkeit verbessern.

Mit der Nährstofftherapie steht eine wirksame Behandlungsmethode für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Verfügung. Als Dauergabe bietet sich die orale Einnahme an. Initial, besonders bei schweren Durchblutungsstörungen, ist die Infusionstherapie sehr hilfreich. In Kombination mit der Oxyvenierung kann die zelluläre Bioverfügbarkeit von Supplementen noch zusätzlich optimiert werden.

Der Autor bietet Vorträge, Webinare und Seminare für Heilpraktiker und Ärzte u. a. zu den Themen Stoffwechsel, Immunsystem und Inflammation sowie ganzheitliche Labormedizin unter www.thust-seminare.de und www.thustmed.com an. Auch die Anwendung von Infusionstherapie und Oxyvenierung kann in Workshops erlernt oder vertieft werden.