Die Spenglersan-Therapie als Beitrag zu einer modernen Isopathie
Im Kampf gegen die Tuberkulose entwickelt sich neben dem Grundsatz der Isopathie, Gleiches durch Gleiches zu behandeln, ein weiterer: "Tuberculosis primis in stadiis semper curabilis."1 – So hatte Dr. Hermann Brehmer, der Begründer der weltweit ersten Tuberkuloseheilanstalt in Gröbersdorf (800 M.ü.M.) und der Liegekur im Freien seine Doktorarbeit betitelt. Auch die Ernährung der "ausgezehrten" Kranken ist ein wichtiges Element seiner Therapie, wobei die Tuberkulose auf dem Land geheilt wird, und nicht etwa dort, wo sie u. U. ausbricht: im Zille-Milieu dunkler Berliner Hinterhöfe.

Die Nahrung der Lungenkranken, so lautet der Rat des Davoser Kurarztes Dr. Peters, ist reichlich bei bekannter Gewichtsabnahme zu bemessen, und die Zufuhr von Eiweißen, Fetten und Kohlehydraten während zweier Haupt- und drei bis vier Nebenmahlzeiten obligatorisch. Lakto-vegetabile Kost ist wenig zuträglich; dagegen gedeiht rohe Kuhmilch zur echten „Kurmilch“, zuzüglich der Kalk- und Siliziumpräparate. Sie gelten als sinnvolle Nahrungsergänzung (1). Alexander Spengler vertritt einer Mitteilung zufolge eine althergebrachte Auffassung: „Unter den Weinen verdienen die Rotweine den Vorzug, und unter diesen steht obenan der edle Veltlinerwein.“ Zum Vergleich: Die Kurdiät des Paracelsus (um 1520) lautete für zwei gut situierte Hofdamen, gleich morgens ein Bad zu nehmen, das moderate 1½ Stunden dauern soll, bevor man sich die Wässer von Melisse, Boleyen (Mentha pulegium), Ehrenpreis, Kardobenediktenkraut, Endivien und einen nicht zu schweren Weißwein einflößt. Auch die hochgelobte Kurdiät eines gewissen Medicus Phries, etwa zur gleichen Zeit entstanden, war alles andere als spartanisch: Erlaubt sind den Ausgezehrten junge Ziege, Kalb, jähriges Lamm, junge Vögel (außer Wasservögel), Frischlinge, Hasen und Kaninchen. Von Wasser und Milch, Gemüse und Eiern rät er jedoch ab. Auf konstitutionelle Merkmale wird dabei nicht näher eingegangen (2).
Nachdem die für unheilbar gehaltene Tuberkulose ihre Schrecken nach 1942 durch den Einsatz von Antibiotika in Form von Streptomycin u. a. (ab 1944 in Davos) verliert, schmilzt die Zahl der Heilstätten gleichsam dahin. Bis auf wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel die Deutsche Heilstätte in Davos-Wolfgang, werden die meisten Kuranstalten zu Sporthotels und Pensionen umgewandelt oder abgerissen. Der Kur- und Verkehrsverein besinnt sich deshalb auf ein verstärktes Engagement im Kongress- und Sportbereich. Das Ski-Langlaufzentrum verwandelt sich im Sommer in einen Golfplatz. Mountainbiker rasen durch die enge Zügenschlucht und die 500 Meter lange Sommerrodelbahn oberhalb der Schatzalp, von der aus einst über die Bobsleigh-Bahn die Verstorbenen in Säcken herunterglitten, lässt die pure Hektik des Winterbetriebs nur erahnen. Das Alpinum am Berghotel Schatzalp stellt seit 1907 bis zu 3 500 verschiedene alpine Pflanzenarten aus. Insgesamt geht es im Sommer aber wesentlich beschaulicher zu, und das eine oder andere Hotel schließt und geht in Revision.