Schwerpunkt
Naturheilpraxis 08/2019

Bilsenkraut

Giftpflanze, Hexensalbe und K.-o.-Tropfen des Mittelalters

Das Bilsenkraut war unter verschiedenen Namen berühmt und berüchtigt, u. a. Apollinaris, Belinuntia, Billenkraut, Dollkraut, Teufelsauge, Schlafkraut, Zigeunerkraut, Hühnertod und Becherlkraut. Vor allem aus der Literatur und aus Schilderungen von Rauschdrogenexperimenten kennen wir es heute als Bilsenkraut.

Ein Beitrag von Bernd Hertling
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Bernd Hertling
Abb. 1: Bilsenkrautgesicht Bernd Hertling

Etymologie und Historie

Der erste Teil seines wissenschaftlichen Namens, Hyoscyamus, klingt nicht nur altgriechisch, er ist es auch und leitet sich von hè hýs = das Schwein und hó kýamos = die Bohne, ab und bedeutet also „Saubohne“. Wieder einmal haben wir einen ausdrucksstarken, sprechenden Namen vor uns, auch wenn wir die ältere Bezeichnung, Apollinaris, heranziehen. Vordergründig weist er wohl auf den griechischen Licht- und Heilsbringer Apollon hin, dessen Name sich vor allem durch das Orakel von Delphi bis heute einer gewissen Bekanntheit erfreut. Seine Stimme offenbarte sich der Pythia, einem weissagenden Medium, das in der Erdspalte des pythischen Abgrunds auf einem ehernen Dreifuß saß. Die Pythia gab den Willen des Gottes in Form unzusammenhängenden Gemurmels oder auch ekstatischen Schreiens an die Priester weiter. Diese wiederum deuteten die Worte des Gottes und gaben sie schließlich in Form von Orakelsprüchen gegen bare Münze an Ratsuchende.