Schwerpunkt
Naturheilpraxis 05/2020

ADHS und Lernschwierigkeiten

Behandlung über Kranium und HWS

Jonas, ein elfjähriger Schüler, rief selbst in der Praxis an und verlangte dringend einen Behandlungstermin. "Was gibt’s denn so Eiliges? Tut Dir etwas weh?" "Nö, Herr Doktor, aber Sie wissen schon: Ich lass mir lieber eine halbe Stunde den Kopf krabbeln, als jeden Tag eine Stunde länger für die Hausaufgaben zu brauchen. Jetzt ist es wieder so weit." Der junge Pragmatiker erhielt seinen Notfalltermin. Eine wesentliche Mitursache von Konzentrationsstörungen und deren Behandlung steht im Zentrum dieses Beitrags: Propriozeptions- und Konzentrationsstörungen durch kraniomandibuläre Belastungen.

Ein Beitrag von Dr. med. Klaus G. Weber
Lesezeit: ca. 8 Minuten

Angesichts der rasanten Zunahme der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Störung, ADS bzw. ADHS, stellt sich die Frage, ob so viele Kinder und Jugendliche tatsächlich krank sind. Kann es sein, dass in manchen Regionen wirklich jedes vierte Kind Psychopharmaka nehmen muss, um die entsprechende Symptomatik zu bekämpfen?

In ihrer Streitschrift „Warum ADHS keine Krankheit ist“ stellt Amrei Wittwer (1) die Frage, ob Kinder, die den Erwartungen nicht entsprechen und störend auffallen, zu schnell medikamentös behandelt werden. Wer karrierekonforme „Teflonklone“ erwartet, wird viele Kinder als krank oder störend wahrnehmen, die eigentlich nur eine ausgeprägte Individualität aufweisen. Nicht nur naturheilkundliche Behandler sollten einige Faktoren bedenken, die dazu führen können, dass Kinder und Jugendliche konzentrationsgemindert und hyperkinetisch erscheinen.

Ernährungsdefizite

Zucker und raffinierte Mehle in Weißbrot, süßen Stückchen, Pasta, Ketchup etc. verringern phasenweise durch schwankende Zucker- und Insulinspiegel die Konzentrations- und Belastungsfähigkeit. Weitreichende Veränderungen in Tierversuchen (2) sind ähnlich bei Menschen zu erwarten. Koffein (Cola-Getränke) und Nahrungszusatzstoffe wie Süßstoffe (z. B. Aspartam in Cola light), Farbstoffe (z. B. in Gummibärchen), Konservierungsstoffe wie Natriumbenzoat in industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln und mikrokristalline Zellulose (z. B. in Zahnpasta) können Erregungszustände bahnen. Mangel an Vitaminen und Mikronährstoffen wie Magnesium reduziert die Stressbelastbarkeit und erhöht die Erregungsbereitschaft (3). Spritzmittel wie Organophosphate (heute meist verboten) und Pyrethroide erhöhen das Risiko für ADHS. Vor allem bei Jungen gab es einen Zuwachs um 300 % (4, 5). Bereits eine relative Laktose- und Glutenintoleranz kann die Leistungsbreite einschränken. Fehlverdauung und Alterationen im Mikrobiom sind weitere Risikofaktoren. Unverträgliche Rohkost führt zur Bildung von (Fusel-)Alkoholen. Das beeinträchtigt ebenso wie die Eiweißverfaulung im Darm die Gehirnleistung. Frisch zubereitete Nahrung, gewürzt mit entsprechenden Kräutern, beugt diesem Problem vor. Da es nicht die eine gesunde Ernährung für jeden gibt, gilt es die individuellen Bedürfnisse so gut wie möglich zu ergründen. Probiotika können die Verstoffwechselung der Nahrung fördern, stabilisieren und damit biochemischen Belastungen des ZNS vorbeugen.